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Hausbesitzer brauchen noch Geduld

MIT DEM JAHRESWECHSEL GREIFT DIE REFORM DER GRUNDSTEUER / DAS BEDEUTET SIE FüR DIE MENSCHEN IN WETZLAR

Olivia HeßWETZLAR . In gut sechs Monaten ist es so weit: Dann ist nicht nur Heiligabend, sondern wenige Tage später steht auch schon wieder der Jahreswechsel an. Und damit eine Änderung, die alle Grundstückseigentümer betrifft.

Denn zum 1. Januar 2025 greift die Grundsteuerreform, die sich auf das Portemonnaie von Hausbesitzern, Wohnungseigentümern und – über die Nebenkosten – auch von Mietern auswirkt. Im Vorgriff hat das hessische Finanzministerium nun erste Zahlen dazu vorgelegt.

Land Hessen empfiehlt Senkung des Hebesatzes

Genauer gesagt, hat das Land den Kommunen eine Empfehlung gegeben. Und zwar zur künftigen Höhe der Grundsteuer-Hebesätze. Diese sind für die Berechnung des zu zahlenden Steuerbetrags notwendig. In Wetzlar liegt der Hebesatz für die Grundsteuer B, also für bebaute oder bebaubare Flächen, aktuell bei 780 Prozent. Kreisweit ist das bislang der höchste Wert.

Nun kommt die Empfehlung aus dem Ministerium, diesen Hebesatz zum 1. Januar 2025 auf 704,35 Prozent zu senken, also um 75,65 Prozentpunkte. Was auf den ersten Blick wie eine gute Nachricht für Grundstückseigentümer wirken mag, ist bei näherem Hinsehen nicht ganz so einfach.

Denn, wie Wetzlars Stadtkämmerer Jörg Kratkey auf Nachfrage erklärt, die mögliche Absenkung der Hebesätze in der Domstadt bedeutet nicht zwangsläufig, dass alle Eigentümer weniger bezahlen dürfen. Es wird wohl einige geben, die mehr bezahlen müssen. Doch wieso das? Im Zuge der Grundsteuerreform war seitens der Bundespolitik zwar von Aufkommensneutralität die Rede. Das Versprechen bezog sich jedoch auf die finanzielle Situation der Städte und Gemeinden. Diese sollten durch die Reform keine Einbußen bei den Grundsteuereinnahmen haben.

Sprich: Mit der Neuberechnung soll die Stadt Wetzlar am Ende genauso viel Grundsteuer einnehmen wie bisher. Und das sind etwa 17 Millionen Euro in diesem Jahr. Was das für die Wetzlarer Bevölkerung bedeutet, fasst Dezernent Kratkey (SPD) so zusammen: „Für einen großen Teil wird sich kaum etwas ändern, es geht vielleicht ein paar Euro rauf oder runter. Einige werden aber mehr zahlen müssen.“ Genau lasse sich das noch nicht sagen. Entscheidend ist, welcher Messbetrag im Zuge der Reform durch das Finanzamt für das jeweilige Grundstück festgelegt wurde. Zur Erinnerung: Hausbesitzer waren aufgefordert, aktuelle Daten zu ihrem Grundbesitz an ihr Finanzamt zu melden. Darauf aufbauend wurde ein individueller Messbetrag berechnet, der multipliziert mit dem Hebesatz den zu zahlenden Grundsteuerbetrag ergibt. Das Bundesverfassungsgericht hatte den Gesetzgeber aufgefordert, die Berechnung zu überarbeiten. In Hessen sind nun etwa Größe, Lage und Nutzung einer Fläche ausschlaggebend. Der individuelle Messbetrag wird Eigentümern durch das Finanzamt mitgeteilt.

Denn die Hebesätze legen die Kommunen fest. Was macht Wetzlar mit der Empfehlung des Landes? Kratkey erklärt, dass die Verwaltung zunächst prüfen wolle, ob sie zum gleichen Ergebnis kommt wie das Land.

In der zweiten Jahreshälfte soll dann der neue Hebesatz in den städtischen Gremien festgelegt werden. Der SPD-Politiker geht davon aus, dass in Wetzlar die Empfehlung des Landes umgesetzt wird – der Einfachheit halber aber ohne Nach-Komma-Stellen. Wichtig sind die Grundsteuereinnahmen für den städtischen Haushalt zweifelsohne, wenngleich Wetzlar über Gewerbesteuer und Schlüsselzuweisungen sowie den Einkommenssteueranteil noch mehr einnimmt. Allerdings sei die Grundsteuer die einzig planbare Einnahmequelle, so Kratkey. Denn während die Gewerbesteuer konjunkturellen Schwankungen unterliegt und die Schlüsselzuweisungen des Landes je nach finanzieller Lage in den Vorjahren sinken oder steigen, bleibt die Grundsteuer stabil.

Eine Steuererhöhung soll mit der Festlegung der neuen Hebesätze in Wetzlar nicht einhergehen, so Kratkey. Man wolle „alle Anstrengungen unternehmen“, dies auch für das Folgejahr zu erreichen. Der Landesverband „Haus & Grund“ hatte bereits an die Städte und Gemeinden appelliert, die Anpassung nicht für eine Steuererhöhung zu nutzen.

Übrigens: Erst wenn das Stadtparlament den Hebesatz beschlossen hat, kann die Stadt die Grundsteuerbescheide an die Grundstückseigentümer verschicken. Darin steht dann der zu zahlende Betrag. Etwas Geduld müssen Hausbesitzer also noch aufbringen.

KEINE AUSNAHME

Für sämtliche Kommunen im Altkreis Wetzlar schlägt das Land Hessen niedrigere Hebesätze für die Grundsteuer B vor.

Eine Übersicht findet sich im Internet bei der hessischen Steuerverwaltung unter https:// tinyurl.com/mwdsbyen/.

Übrigens: Hessenweit wird für 72 von 421 Kommunen eine Erhöhung empfohlen.