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Chancen für die Lemp-Gemeinden

AßLARS STADTVERORDNETE VERABSCHIEDEN STELLUNGNAHME ZUM REGIONALPLAN / BAUGEBIETE SIND STREITPUNKT

(gh). AßLAR. Er ist in allen Kommunalparlamenten Thema: der Regionalplan des Regierungspräsidiums (RP) Gießen. So auch am Montag in Aßlar, wo die Stadtverordneten über die Stellungnahme der Stadt mit Änderungsanträgen stritten. SPD und vor allem die Grünen waren gegen diese Änderungen.

Alexander Goerigk (Grüne) fasste das Nein der Grünen zu den meisten Punkten so zusammen: Es gehe um Beton, Beton, Beton. Man sei gegen den steigenden Landverbrauch und die zunehmende Versiegelung der Landschaft.

Der Plan gestattet Aßlar je 14 Hektar Wohn- und Gewerbegebiet bis 2035 zu. Das, so Goerigk, sei ein Ausverkauf der Natur, der nur einem Investor, nicht dem Allgemeinwohl diene. Lob gab es für den Regionalplan, der Natur- und Landschaftsschutz sowie Nachhaltigkeit aufwerte, im Gegensatz zu den Änderungswünschen Aßlars.

Standort für eine neue Grundschule in Werdorf

Bürgermeister Christian Schwarz (FWG) stellte klar, dass die 28 Hektar das seien, was der RP zugestehe, eine Möglichkeit, kein Muss – und kein Wunsch der Stadt.

CDU und FWG waren für die Änderungen, vor allem, so Nicklas Kniese (CDU), damit auch die kleinen Lemp-Gemeinden sich weiterentwickeln können. 28 Hektar seien viel, allerdings müsse man sie nicht umsetzen, sollte aber flexibel bleiben, wie und wo man sie gestalte, gerade in den kleinen Stadtteilen. Denn ohne die Änderungen dürfe man in Bermoll, Oberlemp und auch Bechlingen nicht mehr bauen. Und man solle künftigen Parlamenten noch Spielraum lassen.

Oliver Menz (Grüne) entgegnete, dass auch in den Stadtteilen gebaut werden dürfe, der RP aber auf Innenentwicklung setze statt auf Bauland im Außenbereich. Er widersprach Schwarz: Baugebiete, die derzeit „in Arbeit“ seien, wie Werdorf-Südost und Berghausen, fielen bei der Berechnung raus, die 28 Hektar kämen obendrauf. Schwarz sagte, die Angaben des RP seien sehr unbestimmt, die Anträge sollten diese konkretisieren.

Michael Clemens (FWG) kritisierte, dass die Siedlungsgrenzen sich fast nur an die bestehenden Ortslagen „anschmiegen“ sollen und somit faktisch keine Fläche bereitstehe, um sich zu entwickeln. Die Vorgabe, dass Entwicklung nur in der Kernstadt und nicht mehr in den kleineren Stadtteilen möglich sein solle, „halten wir für eine katastrophale Signalwirkung für die Ortschaften“. Dies sei ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung. Die FWG begrüße die Punkte in der Stellungnahme, die die Entwicklung in Aßlar noch ermöglichten und insbesondere den Stadtteilen auf der Lemp Chancen böten.

Positiv wertete die FWG zum Beispiel, dass im Gewerbegebiet Werdorf-West ein Sondergebiet oberhalb der Sporthalle für eine neue Grundschule eingeplant werden soll.

Und Gudrun Esch (FWG) befand: „Wir wollen nicht alles zupflastern“, es gehe um die kommunale Selbstverwaltung, man solle sich als Stadt nicht einengen lassen.

14 Abstimmungen standen am Ende an. Sie fanden alle, meist gegen SPD und Grüne, eine Mehrheit. Etwa, was Optionen für die Lemp und das Sondergebiet für die neue Grundschule Werdorf angeht.

Einstimmig passierte der Antrag, die Darstellung der Behelfsausfahrt „Am Behlkopf“ („Müllabfahrt“) an der A 45 in den Regionalplan aufzunehmen. Es gehe, so Clemens, darum, auch in Richtung RP ein deutliches Zeichen zu setzen. Das Abfallwirtschaftszentrum sei von überregionaler Bedeutung, und im Regionalplan sei das Ziel dargestellt, dass die Anlage zur Abfallentsorgung zu sichern ist. Da sei es „folgerichtig und logisch, diese Abfahrt in den Regionalplan aufzunehmen. Wenn die Abfahrt wegfällt, ist die Existenz dieser Anlage gefährdet.“

Der Regionalplan enthält auch folgende Punkte: Fotovoltaikanlagen sind auf Vorbehaltsgebieten für Landwirtschaft erlaubt, nicht mehr nur in Gewerbegebieten. Etwa auf einem Streifen entlang der A 480. Dort liegen private und städtische Grundstücke, für Letztere könne sich der Magistrat „das schon vorstellen“, so Bürgermeister Schwarz auf Nachfrage, etwa beim Umspannwerk. Es gebe zwar Anfragen, aber nichts Konkretes.

Mehr Platz für Fotovoltaikanlagen

Nichts tut sich, was den ebenfalls im Plan enthaltenen Güterverladepunkt Aßlar angeht. Das Vorhaben der Firma Reitz, die Material und Produkte von der Straße auf die Schiene bringen will, steht still. Was, so Schwarz, wohl nicht am Unternehmen liege, sondern an der Bahn.

Keine Probleme macht der Regionalplan dem Gebiet Aßlar-West. Erst war der Bereich von der B 277 über den Berg bis an die Bechlinger Straße/L 3376 geplant. Doch dies hatte die Stadt bereits verworfen. Der RP verlegte das Areal von der Bechlinger Straße näher an den Flugplatz heran. Und für Werdorf-Südost besteht seit Dezember 2021 ein rechtskräftiger Bebauungsplan, den der Regionalplan zeitlich noch nicht berücksichtigt habe.

BEVÖLKERUNGSPROGNOSE

Der Regionalplan basiert auf einer (vom Parlament angezweifelten) Bevölkerungsprognose . 2017 hatte Aßlar 13 605 Einwohner, 2035 sollen es 13 700 sein. Daraus folgerte der RP, dass man bis dahin 2327 Wohneinheiten, 23 pro Hektar, braucht. Bis 2035 sind der Stadt je 14 Hektar für Wohngebiete und auch für Gewerbegebiete zugestanden, die sie entwickeln kann, nicht muss.

Der Plan unterscheidet Vorranggebiete und Vorbehaltsgebiete. Erstere sind fix. Zweitere nicht. So könnten Vorbehaltsgebiete für Landwirtschaft als „stille Reserve“ für Wohnbebauung dienen, etwa auf der Lemp. Dort will die Stadt einen Puffer von 100 Metern rund um die Ortslagen. Dafür müsste beim RP eine Planabweichung beantragt und von ihm genehmigt werden.

Quelle: Wetzlarer Neue Zeitung, 24.03.2022