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Aßlars Haushalt 2021 gekippt

EINZIG DIE FWG-FRAKTION STIMMT FüR DAS ZAHLENWERK / KRITIK AN FREIEN WäHLERN UND BüRGERMEISTER SCHWARZ

(gh). AßLAR. Die gute Nachricht: Die zweite Sitzung der Stadtverordnetenversammlung entfällt; die 36 Punkte der Tagesordnung, die sich seit der Sitzung im September angesammelt hatten, konnten am Montagabend binnen zweieinhalb Stunden abgearbeitet werden. Die schlechte Nachricht: Der Haushalt 2021 wurde von der Mehrheit aus SPD, CDU und Grünen (20) gegen die Stimmen der FWG (14) abgelehnt. Nun gilt eine vorläufige Haushaltsführung, das Thema Haushalt wird ans neue Stadtparlament weitergereicht.

Langjährige Fehler des Vorgängers beibehalten

Jürgen Lenzen (CDU) eröffnete die Debatte. Der Haushalt 2021 enthalte keine wesentlichen Veränderungen, außer der Erhöhung der Grund- und der Gewerbesteuer, es fehlten Weichenstellungen, wie man den defizitären Haushalt wieder auf eine solide Basis stellen wolle. Auch notwendige, aber „schmerzliche Gebührenanpassungen“ würden wieder nicht angegangen. Lenzen hatte da die FWG-Fraktion und FWG-Bürgermeister Christian Schwarz im Blick, kritisierte das Defizit von 1,6 Millionen Euro, fünf Millionen Euro Kredite und geplünderte Rücklagen. Schwarz behalte die langjährigen Fehler seines Vorgängers (Roland Esch, FWG) bei. Die CDU könne dem Etat nicht zustimmen, Fehler und Versäumnisse der Vergangenheit müssten endlich behoben werden. Der Bürgermeister solle endlich „seinen Verein“ (die FWG) in die Spur bringen.

Schwarz erwiderte, dass man die Corona-Krise und ihre Folgen auf die Finanzen der Stadt nicht wegdiskutieren könne und es darum gehe, dass Aßlar gut durch die Krise kommt.

Cirsten Kunz (SPD) sagte, der Etat enthalte alles, was allen wichtig sei: Kita-Plätze, die „Laguna“, Sozialstation, Vereinsförderung, Senioren- und Jugendarbeit. Aber wie wolle man das alles erhalten, ohne Rücklagen?, fragte sie. Ein Haushaltssicherungskonzept, das vor allem auf Grundsteuererhöhung setze, reiche da nicht aus. Sie vermisste Sparvorschläge. Wie könne man für die „Laguna“ eine Stollensauna bauen (dafür sind 250 000 Euro gedacht), wenn kein Geld da sei? Zumal niemand wisse, wann und wie lange das Bad öffnen dürfe. Dass das Defizit nicht 3,6, sondern 1,6 Millionen Euro betrage, verdanke Aßlar Land und Bund. Mit Blick auf Schwarz forderte sie: „Wir erwarten einen Weg aus der Krise.“

Investitionen in die Weiterentwicklung

Michael Rau (Grüne) griff das 1,6 Millionen-Defizit auf, trotz Erhöhung von Grundsteuer und Gewerbesteuer. Es gebe strukturelle Probleme, die nach wie vor nicht angegangen würden. Die Kommunalaufsicht verlange von der Stadt klare Schritte, wie sie den Haushalt konsolidieren will, aber es sei nichts geschehen. Zudem seien Investitionen wenig zukunftsorientiert.

Michael Clemens (FWG) meinte, der Haushalt setze in schwierigen Zeiten Leitplanken. Es gebe keine neuen Projekte, aber es werde in die Weiterentwicklung Aßlars investiert. Daher sei es richtig, die Baugebietentwicklung voranzutreiben, die Kita Alte Schule zu schaffen, das Alte Backhaus zu sanieren, Vereine und Feuerwehr weiter zu unterstützen. Das 1,6 Millionen-Defizit stehe im Zeichen von Corona. Sicherlich müsse ein Etat ausgeglichen sein, was, so Clemens, durch den Jahresabschluss 2020, der höher ausfalle als erwartet, geschehen werde.

Katharina Schäfer (FWG) nahm Schwarz in Schutz. Die Gestaltung des Haushalts sei Sache des Parlaments (Gelächter zeigte, dass das nicht alle so sehen), es habe keine Anträge der anderen Fraktionen zum Etat gegeben. Ohne Not einen Haushalt abzulehnen sei keine Politik. Was Oliver Menz (Grüne) auf den Plan rief. Die FWG sollte die Hessische Gemeindeordnung lesen. Der Magistrat bringe den Haushaltsentwurf im Parlament ein, der Bürgermeister müsse einen genehmigungsfähigen Etat vorlegen. Es gebe Vorgaben der Kommunalaufsicht, die umzusetzen seien, was aber nicht geschehen sei.

Jürgen Lenzen (CDU) gab den Ball an Schäfer zurück. Im Arbeitskreis „Haushaltssicherungskonzept“ habe die CDU Anträge eingebracht. Man hätte gemeinsam für die Bürger schmerzliche Dinge beschließen können, aber die FWG wollte das nicht.

In der Abstimmung votierten 14 FWG-Stadtverordnete für den Etat und 20 von SPD, CDU und Grünen gegen ihn. Ebenso erging es dem Investitionsprogramm bis 2024, aber auch im Vorfeld der Fortschreibung des Konsolidierungskonzepts.

GEBÜHREN SINKEN 

HAUSHALT 2021 

Positive Nachricht für die Aßlarer: Die Wasserversorgung und die Abwasserbeseitigung werden günstiger.  Wegen einer „Kostenüberdeckung“ sinkt bei der Wasserversorgung die Gebühr pro Kubikmeter rückwirkend zum 1. Januar um sieben Cent auf 2,60 Euro. Bei der Abwasserbeseitigung sinkt sie um neun Cent auf 2,46 Euro pro Kubikmeter. Die Gebühren für das Niederschlagswasser  auf künstlich befestigte und versiegelte Flächen wird um zwei auf dann 44 Cent pro Quadratmeter reduziert. Beide Entscheidungen des Parlaments waren einstimmig.

Der Ergebnishaushalt 2021  umfasst Erträge von 29,6 und Aufwendungen von 33,3 Millionen Euro; der kalkulierte Fehlbedarf lag im Frühjahr 2020 bei 3,66 Millionen Euro. Die Erhöhung der die Grundsteuer B auf 550 Prozentpunkte sollte nicht dem Haushaltsausgleich dienen, sondern als Deckungsbeitrag zu den abgeschafften Straßenbeiträgen und um den Vorgaben der Kommunalaufsicht gerecht zu werden, die mit der Haushaltsgenehmigung 2020 eine Erhöhung forderte.

Die Gewerbesteuer wurde auf 385 Prozentpunkte  erhöht. Aber dies allein reicht nicht. Dank Einsparungen und der Corona-Hilfen von Land und Bund sank das Defizit auf 1,6 Millionen Euro. Und das wird, so die Prognose, durch den höher ausfallenden Jahresabschluss 2020 ausgeglichen.

Ein Haushaltssicherungskonzept  muss eine Kommune vorlegen, die ein Haushaltsdefizit  aufweist.

Darin ist ein Plan erläutert, wie dieses Defizit in einem bestimmten Zeitraum abgebaut werden soll und wie man künftig das Entstehen neuer Fehlbeträge vermeiden möchte.

Quelle: Wetzlarer Neue Zeitung, 03.03.2021