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Aßlar hofft auf eine Anschlussstelle

DIE STADT KäMPFT FüR DIE TRASSE ZUR DEPONIE, HAT ABER AUCH EINE BEIDSEITIGE AUF- UND ABFAHRT IM BLICK

Von Gert Heiland AßLAR. Sie muss bleiben, die sogenannte Müllabfahrt der A 45 bei Aßlar. Darin sind sich der Lahn-Dill-Kreis, die Gemeinde Ehringshausen und die Stadt Aßlar einig. Doch im Rathaus in Aßlar hofft man auf mehr, und zwar auf eine echte Auf- und Abfahrt.

Die Müllabfahrt, die, so Bürgermeister Christian Schwarz (FWG) rückblickend, war zunächst im Plan für den sechsspurigen Ausbau noch enthalten, aber später nicht mehr vorgesehen. Grund: Die Genehmigung des Bundes für die Behelfsausfahrt endet 2024.

Das Aus würde signifikant mehr Lkw-Verkehr für Aßlar und Ehringshausen bedeuten. Wobei der Straßenverkehr sowieso zunehmen werde, was letztlich vor allem für die Anwohner der B 277 nicht hinnehmbar sei. Ein vom Lahn-Dill-Kreis in Auftrag gegebenes älteres Verkehrsgutachten geht von einer Zunahme des Schwerverkehrs um mindestens 130 Fahrzeuge täglich in der Ortsdurchfahrt von Aßlar aus, sollte die Abfahrt wegfallen. Für die Kernstadt und die B 277, die jetzt täglich bis zu 25 000 Fahrzeuge verkraften, wären es etwa 200 Lkw mehr.

Alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen

Und so hat die Stadtverordnetenversammlung dem Magistrat aufgetragen, alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen, um zumindest den Status quo zu erhalten. Aber auch um auszuloten, ob eine richtige Auf- und Abfahrt sinnvoll, machbar und wirtschaftlich wäre. Dass es eine solche geben könnte, hatte die Autobahn GmbH in Dillenburg bereits ausgeschlossen.

Sei’s drum. Aßlar hat als ersten Schritt eine Zählung des Ziel- und Quellverkehrs (wer kommt woher und will wohin?) in Auftrag gegeben. Diese fand aufgrund von Corona elektronisch und nicht mittels Befragung der Autofahrer statt.

An neun Punkten, etwa an der Abfahrt Ehringshausen, bei Wetzlar Süd und an der Müllabfahrt Richtung Abfallwirtschaftszentrum, wurden Zählstellen installiert. Sie ermittelten die Zahl der Pkw und Lkw sowie anhand der anonymisierten Daten der Navigationsgeräte, wer wohin wollte. Wenn ein Pkw Punkt 1 an der Ausfahrt Richtung Aßlar passierte und auch Punkt 2 in Werdorf, aber nicht Punkt 3 am Ortsausgang, weiß man, dass der Fahrer von der A 45 kam und nach Werdorf wollte.

Diese Daten werden noch mit den Verkehrsmodellen des Landes zu den Verkehrsströmen abgeglichen. Herauskommen soll ein Modell für Aßlar, das auch die Frage beantwortet, ob eine eigene Auf- und Abfahrt Sinn macht und man das Ziel weiter verfolgen soll oder ob es nicht reicht. Die Auswertung sei im Gange, in vier Monaten rechnet der Bürgermeister mit Ergebnissen. Die Zählung habe aber schon jetzt gezeigt, dass die Müllabfahrt verbotenerweise auch von vielen Pkw genutzt wird. Und dass die durchgezogene Linie, die Sperrung für alle außer Mülllaster und Polizeikontrollen, der B 277 bereits mehr Verkehr bescherte.

Die Deponie ist von überörtlicher Bedeutung

Auch fahre nicht jeder Müllwagen aus Richtung Süden kommend bis Ehringshausen, drehe dort und fahre zurück zur separaten Abfahrt. Auch das spreche für die Akzeptanz eines richtigen Anschlusses. Das Argument des Bundes, eine Abfahrt zwischen Ehringshausen und Wetzlar Süd sei nicht nötig, lässt Christian Schwarz nicht gelten.

In Siegen wurde in gleicher Situation eine Abfahrt für ein Möbelhaus gebaut, mit der Begründung, es sei von überörtlicher Bedeutung. Und Schwarz meint: „Das Abfallwirtschaftszentrum hat ebenfalls überörtliche Bedeutung.“

Der sechsspurige Ausbau der A 45 sollte es doch besser machen, findet der Bürgermeister, dazu passe nicht, mehr Lkw in die Orte zu verdrängen und Rettungswege zu verlängern. Alles in allem sei eine zweiseitige Anschlussstelle vernünftig, so Schwarz. Daher will die Stadt Aßlar mithilfe von Fachanwälten und im Bunde mit dem Kreis gegen das Planfeststellungsverfahren und das Ende der Abfahrt vorgehen.

Corona habe gezeigt, so Schwarz, wie flexibel Verwaltung sein kann. Dies und die Tatsache, dass das, was in den 90ern galt, heute nicht mehr unbedingt zutrifft, müsste zumindest dazu führen, dass die Müllabfahrt bis zur Deponieschließung in den 2060ern offen bleibt. Oder aber dass doch noch eine echte Abfahrt nach Aßlar kommt.

 

DIE MÜLLABFAHRT UND DIE FEUERWEHR

Das Regierungspräsidium Gießen hat der Feuerwehr Aßlar bestimmte Abschnitte der A 45 zugewiesen. Richtung Dortmund: Wetzlarer Kreuz bis Anschlussstelle Ehringshausen, Fahrtrichtung Hanau: Rastplatz „Am Behlkopf“ bis Wetzlarer Kreuz.

Das Hessische Brand- und Katastrophenschutzgesetz gibt für die Feuerwehren eine Hilfsfrist von zehn Minuten vor. Dies bedeutet, dass in der Regel immer zehn Minuten nach Alarm wirksame Hilfe eingeleitet werden kann. Für den Abschnitt „Am Behlkopf“ bis Wetzlarer Kreuz heißt das, dass die Feuerwehr Werdorf die Gefahrenabwehr übernimmt. Sie ist entsprechend ausgerüstet. Vom Feuerwehrhaus bis zum Rastplatz „Am Behlkopf“ beträgt die Fahrstrecke 1,5 Kilometer.

Ohne die Behelfsausfahrt müsste die Zuständigkeit an eine andere Feuerwehr übertragen werden. Bedingt durch die Lage des Rastplatzes wäre es die Wehr Ehringshausen. Deren Stützpunkt ist in der Industriestraße, die Anfahrt bis zum Rastplatz „Am Behlkopf“ beträgt 7,8 Kilometer.

Die Fahrstrecken hat Stadtbrandinspektor (SBI) Michael Pichl ermittelt und ein Durchschnittstempo von Löschfahrzeugen von 40 km/h angenommen. Für die Anfahrt der Einsatzkräfte zum Feuerwehrhaus, das Ausrüsten und Besetzen der Fahrzeuge werden fünf Minuten angenommen.

Die Feuerwehr Werdorf wäre 7:15 Minuten bis zum Ziel unterwegs, die aus Ehringshausen 16:40 Minuten, neun Minuten mehr. Dies gilt in beiden Fällen nur bis Rastplatz „Am Behlkopf“. Da die Einsatzstelle aber meist nicht direkt am Parkplatz liegt, muss die Fahrzeit zur Einsatzstelle eingerechnet werden. Nicht berücksichtigt wurden Staus oder die fehlende Rettungsgasse.

Fazit: Der Erhalt der Behelfsausfahrt sichert eine schnelle und adäquate Versorgung von Unfallopfern sowie die Brandbekämpfung. Aus Sicht von Bürgermeister Schwarz und SBI Pichl sollte zur Verbesserung der Gefahrenabwehr beim Ausbau der A 45 keine Auffahrt wegfallen, sondern eine weitere in Richtung Dortmund geschaffen werden.

Quelle: Wetzlarer Neue Zeitung, 06.02.2021