Berichte

Bäder sind Sache der Kommunen

Weitere Bilder

LANDKREIS WIRD SICH AN DEN KOSTEN FüR EIN NEUES HüTTENBERGER HALLENBAD NICHT BETEILIGEN / ESCH SIEHT LAND IN PFLICHT

Von Christian Keller HÜTTENBERG . Es ist das Thema in der Gemeinde Hüttenberg: das Hallenbad. Gemeindevertreter haben damit monate-, ja jahrelang gerungen und sich letztlich für ein grundsätzliches Ja für einen Neubau entschieden. Mit dieser Entscheidung wollen sich einige Hüttenberger aber nicht abfinden und haben einen Bürgerentscheid initiiert, um möglicherweise dieses grundsätzliche Ja wieder zu kippen. Ganz im Gegensatz zum Trägerverein Hallenbad, der dafür kämpft, dass es auch in Zukunft ein Hallenbad in Hüttenberg gibt. Und auch die gewählten Vertreter der Kinder und Jugendlichen Hüttenbergs haben jüngst darüber diskutiert, wie sie zum Hallenbad stehen. Das Ergebnis: Das Interesse in der Freizeit hält sich in Grenzen, aber gerade für den Schulschwimmsport sei das Bad essenziell.

Dafür zuständig, dass Kinder und Jugendliche in der Schule auch Schwimmen gehen, ist der Lahn-Dill-Kreis als Schulträger. Doch muss sich deshalb der Landkreis an einem Neubau beteiligen, wie von manchem, der beim Hallenbad mit diskutiert, gefordert wird? Schließlich ist Schule Kreissache, wie es Joscha Kropp vom Jugendparlament zugespitzt formuliert hat. Diese Zeitung hat beim zuständigen Ersten Beigeordneten Roland Esch (FWG) nachgefragt.

Wer ist zuständig für Schwimmbäder?

Zumindest im Lahn-Dill-Kreis sind das prinzipiell die Städte und Gemeinden, erklärt Esch, der in seiner früheren Funktion als Bürgermeister der Stadt Aßlar selbst jahrelang ein Schwimmbad mitbetrieben hat. Zuständig ist der Kreis als Schulträger aber dafür, dass Schüler Schwimmunterricht besuchen können.

Was passiert, wenn kein Schwimmbad vor Ort ist?

Dann wird der Lahn-Dill-Kreis dafür Sorge tragen müssen, dass Schülertransporte organisiert werden, um die verbliebenen Schwimmbäder zu erreichen. So besuchen derzeit unter anderem Wetzlarer Schüler aus Dutenhofen und Münchholzhausen das Hüttenberger Hallenbad im Rahmen des Sportunterrichts.

Wie beteiligt sich der Kreis finanziell?

Für den Schwimmbadbesuch zahlt der Lahn-Dill-Kreis aktuell eine Pauschale von vier Euro pro Schüler. „Das ist in nahezu allen Fällen mehr, als das, was der eigentliche Eintritt kostet“, erklärt Kreisbeigeordneter Esch. Dieser Betrag sei in enger Absprache mit allen Gemeinden im Landkreis, die ein für den Schulsport geeignetes Schwimmbad bereithalten, vereinbart.

Beteiligt sich der Landkreis auch finanziell an einem Neubau?

Die klare Antwort aus dem Kreishaus lautet: nein. „Der Kreis wird sich nicht an den Kosten für einen Neubau beteiligen“, erklärt Esch. Auch ein Kreis-Hallenbad, wie das Weilburger Oberlahnbad im benachbarten Landkreis Limburg-Weilburg sei für den Lahn-Dill-Kreis überhaupt kein Thema. Bei 90 Schulen im Landkreis ein Kreishallenbad zu bauen, „was solle das bringen?“, sagt Esch mit Blick auf die Frage nach einem Standort und den Kapazitäten, die ein Bad ohnehin nicht abdecken könnte.

Was passiert, wenn es keinen Neubau gibt und das Hallenbad irgendwann geschlossen werden müsste?

Dann müsse man mit den betroffenen Schulen sprechen und nach Lösungen suchen, sagt Esch. „Wir haben bisher aber immer Lösungen gefunden“. Dass ein Bad mal vorübergehend geschlossen werde, sei schon häufiger vorgekommen. Der Schul-Schwimmunterricht finde auch nicht durchgängig statt, sondern nur zu bestimmten Zeiten.

Wie wird bei einem zunehmenden „Bädersterben“ Schulschwimmen künftig gewährleistet?

Dass derzeit immer mehr – meist kommunale – Bäder ihren Betrieb einstellen und aus Kostengründen schließen, beobachtet auch der Kreisbeigeordnete Esch mit Sorge. Die Lage in Hüttenberg ist aus seiner Sicht in zweierlei Hinsicht prekär: „Geld fehlt ja nicht nur für den Bau, sondern vor allem für die künftigen Betriebskosten“, sagt Esch. Dass der Betrieb von Schwimmbädern immer ein Zuschussgeschäft sei, kennt er aus seiner Zeit als Bürgermeister noch allzu gut.

Wen sieht der Landkreis in der Pflicht?

Auch hierzu hat Esch eine klare Meinung. „Wenn ich als Land schon Sport und dessen Förderung in der Verfassung stehen habe, dann sollte ich auch entsprechend handeln“, sagt Esch. Zwar sei Geld für Schwimmbäder im kommunalen Finanzausgleich enthalten, dieses Geld werde aber anteilig einfach an alle Kommunen verteilt. Ganz egal, ob eine Kommune ein Schwimmbad betreibt oder nicht.
Dagegen hatte Esch zusammen mit weiteren Bürgermeistern sogar vor dem Staatsgerichtshof geklagt und verloren. Gerne greife das Land oder der Bund auch zu Förderprogrammen – aus der Sicht von Esch, der in diesem Punkt für alle bäderbetreibenden Kommunen spricht, ist das reines Gift für die Haushalte der Städte und Gemeinden. Vielmehr sollte sich das Land grundsätzlich an den Kosten und vor allem Betriebskosten der Bäder beteiligen, fordert Esch.

Gibt es Zuversicht, dass sich etwas ändert?

Aus der Sicht des Kreisbeigeordneten schon. „Ich bin da nicht unzuversichtlich, dass sich da etwas tut“, sagt Esch. Derzeit werde sehr deutlich, dass viele Kommunen mit Schwimmbädern in eine finanzielle Schieflage geraten. In der Konsequenz bedeute das, dass sich auch alle anderen beteiligen müssten, um nicht Bad nach Bad zu schließen.

 

Quelle: Wetzlarer Neue Zeitung, 28.02.2020