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Betreuung sichern und noch sparen

AßLARER STADTPARLAMENT VOTIERT FüR DEN „PAKT FüR DEN NACHMITTAG“ UND BERUFT EINEN ARBEITSKREIS EIN VON GERT HEILAND

AßLAR. Die Stadt Aßlar steht zur Betreuung von Grundschulkindern, möchte und wird sie allerdings anders organisieren. So das Fazit der Debatte am Montagabend in der Stadtverordnetenversammlung. Das Interesse am Thema war groß, was allein schon die vollen Zuschauerreihen verrieten; ein eher seltener Anblick im Hause.

Bürgermeister Christian Schwarz (FWG) begann. Er trat Gerüchten über den angeblichen Rückzug der Stadt aus der Betreuung entgegen. Die Stadt werde sich nicht zurückziehen. Aber sie möchte sich auf andere Beine stellen. Und zwar im „Pakt für den Nachmittag“ des Landes Hessen.

Eine Art „Befehl“ für den Bürgermeister

Schwarz plädierte für einen gemeinsamen, ordentlich umgesetzten Übergang. Er wolle einen Arbeitskreis einrichten, mit ihm als Vorsitzender sowie mit Vertretern der beiden Grundschulen, der Fraktionen, der Elternbeiräte, des Fördervereins und des Schulträgers Lahn-Dill-Kreis. Zwölf Personen sollen sich des Themas annehmen. Und Schwarz übte auch Selbstkritik, was die Transparenz im Vorfeld angeht.

Oliver Menz (Grüne), Vorsitzender des Bauausschusses, störte der Wortbeitrag von Schwarz. Er pochte auf das Recht der Ausschüsse, zuerst gehört zu werden. Und er wertete einen Änderungsantrag der FWG als überflüssig. Der beschreibe nur, was der Bürgermeister gesagt habe und Thema in den Ausschüssen war. Schwarz habe formuliert, wie der Arbeitskreis aussehen solle, da brauche es den entsprechenden FWG-Antrag nicht, sie solle ihn zurückziehen. Applaus kam von den Zuschauern.

Was die FWG nicht tat. Katharina Schäfer sah den Antrag als Ergänzung, quasi als einen schriftlichen „Befehl“ der Stadtverordneten an den Bürgermeister, auch zu handeln.

Cirsten Kunz (SPD) kritisierte, dass die Betroffenen zu spät einbezogen wurden, und plädierte dafür, zu prüfen, wie man gemeinsam etwas für die Kinder tun könne, die Kinderbetreuung sei allen wichtig. Der Arbeitskreis sei eine gute Sache, sie hätte aber erwartet, dass der Bürgermeister ihn auch ohne Auftrag umsetzt.

Der Pakt sei zwar nicht die Ganztagsschule, wie sie sich die SPD wünsche. Aber die Stadtverordneten müssten das Gesamtbild im Auge haben.

Sie lobte Schwarz dafür, dass er die Haushaltslage nicht schönrede. Aßlar müsse den Etat ausgleichen, sonst setze der Regierungspräsident den Rotstift an (eventuell bei freiwilligen Leistungen wie Kinderbetreuung). „Das wollen wir nicht, wir wollen das zusammen lösen.“

Kunz sprach auch für den Sozialausschuss, der empfehle, dass der Magistrat prüft, ob die Stadt Aßlar die Grundschulbetreuung zum 31. Juli 2021 beenden und ob der „Pakt für den Nachmittag“ am 1. August 2021 beginnen kann. Eine Formulierung, der sich auch der Haupt- und Finanzausschuss anschloss. Kunz sprach für den Antrag der Ausschüsse und gegen den der FWG, denn: „Wenn der Bürgermeister sagt, er macht einen Arbeitskreis, dann macht er das, ohne dass die Stadtverordnetenversammlung ihn beauftragt.“ Schließlich gelte: „Alle wollen die Betreuung aufrechterhalten.“

Auch Menz beschwor den Konsens, und zwar mittels eines gemeinsamen Antrages. Wieder gab’s Applaus.

Jürgen Lenzen (CDU), Vorsitzender des Haupt- und Finanzausschusses, fand den FWG-Antrag auch überflüssig. Was der Bürgermeister erklärt habe, sei Beschlusslage. Es gebe ein Haushaltsdefizit, die Stadt müsse sparen. Und wenn sich die Möglichkeit biete, die Betreuungsqualität zu erhalten und durch Umstrukturierung zu sparen, sollte man sie nutzen.

Sitzungsunterbrechung und ein einstimmiger Beschluss

In einer Sitzungsunterbrechung „bastelten“ die Fraktionsvorsitzenden an einem gemeinsamen Antrag, der dann einstimmig passierte. Er lautet: Aufgrund der Beschlussänderungsvorschläge des Ausschusses für Soziales und Partnerschaften ... sowie des Haupt- und Finanzausschusses ... beschloss die Stadtverordnetenversammlung, den Magistrat zu beauftragen, zu prüfen, ob die Stadt die Grundschulbetreuung in der bisherigen Form mit Wirkung vom 31.7.2021 beenden kann. Zudem soll darauf hingewirkt werden, dass die Betreuung der Grundschüler im Rahmen des „Pakts für den Nachmittag“ ab dem 1.8.2021 möglich ist. Zur „Durchführung der Prüfung“ soll der Magistrat zeitnah einen Arbeitskreis gründen, in dem Vertreter von Schulen, Eltern, Förderverein, Fraktionen und Schulträger die Umsetzung und Ausgestaltung der Betreuungsform erarbeiten werden.

FAKTEN

Die Vorlage der Verwaltung für das Parlament nennt Fakten:

Die Stadt Aßlar leistet und fördert die Betreuung von Grundschulkindern im Rahmen eines Gesamtbetrages von mehr als 600 000 Euro im Jahr . Rechtliche Ansprüche bestehen nicht.

190 Grundschulkinder werden aktuell betreut: 50 im Hort „Blauland“ (Stadt), 45 in der betreuten Grundschule Werdorf (Stadt), 95 in der betreuten Grundschule Aßlar (Förderverein Grundschule Aßlar, zwei Einrichtungen – „Mach mit Kids“ und Hort „Kunterbunt“).

Aufgrund der angespannten Finanzsituation müssen Aufwendungen auf den Prüfstand , für die es keine rechtliche Verpflichtung gibt und die – wie die Betreuung von Grundschulkindern – auch anders erreicht werden können; etwa durch den „Pakt für den Nachmittag“.

„Pakt-Grundschulen“ bieten an fünf Tagen der Woche von 7.30 bis 17 Uhr sowie in den Schulferien ein verlässliches Bildung- und Betreuungsangebot . Grundsätzlich ist dieses Angebot freiwillig, nach Anmeldung des Kindes dann verbindlich.

Etwa drei Viertel der hessischen Schulträger beteiligen sich am „Pakt für den Nachmittag“, auch der Lahn-Dill-Kreis. Ende des Schuljahres 2018/2019 waren es 208 Schulen im Land Hessen .

Quelle: Wetzlarer Neue Zeitung, 06.02.2020