Berichte

„Vorbehaltlos aufeinander zugehen“

CHRISTIAN SCHWARZ ALS NEUER BüRGERMEISTER FüR AßLAR VEREIDIGT / AMTSANTRITT AM 1. SEPTEMBER

Von Manuela Jung AßLAR . 23 Jahre lang kannte Aßlar nur den einen Bürgermeister. 23 Jahre lang war es Roland Esch (FWG), der den Chefsessel im Rathaus einnahm und die Geschicke der Stadt lenkte. Nun steht ein neuer Bürgermeister da. Die Erwartungshaltung ist groß, das Wunschkonzert von Bürgern und politischen Gremien ebenso.

Doch wie wird er sein, der Neue? Diese Frage muss Christian Schwarz (FWG) nun beantworten. Am Dienstagabend wurde seine Wahl von den Stadtverordneten für gültig erklärt. Anschließend nahm Stadtverordnetenvorsteher Paul Djalek (SPD) die Vereidigung vor. Ab 1. September hat nun auch offiziell ein anderer das Sagen im Rathaus.

In seiner Rede wünschte Djalek dem neuen Bürgermeister „viel Erfolg, Schaffensfreude, und diplomatisches Geschick“. Er hoffe auf eine zuverlässige, gradlinige und ehrliche Handlungsweise. Dabei solle Schwarz den Bürgern stets auf Augenhöhe begegnen: „Das wird Dir die Arbeit als Bürgermeister erleichtern.“ Von den Bürgern wünschte sich Djalek, dass sie Schwarz Zeit geben, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Er sei überzeugt, dass ihm das gelinge, denn Politik sei „keine Wissenschaft, sondern eine Kunst, und diese Kunst mögest Du haben“.

Und dann stand er selbst zum ersten Mal als Bürgermeister am Rednerpult. Seine Antrittsrede: beeindruckend, wortgewandt, zielorientiert. „Am 1. September schlagen wir ein neues Buch auf. Dieses Buch möchte ich in sechs Jahren in die Hand nehmen und sagen: ,Schaut mal, was wir alles für Aßlar erreicht haben‘“, sagte Schwarz. Er reiche jedem die Hand und werbe für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit: „Wir sollten vorbehaltlos aufeinander zugehen. Denn mich interessiert die Idee, nicht, wer sie hat. Mich interessiert die Initiative, nicht wer sie ergreift. Mich interessiert der Vorschlag, nicht, wer ihn macht. Und über alles, was wir tun, sollten wir die Frage stellen: Ist es zum Wohle von Aßlar?“

Seine Heimat wolle er bewahren, ohne alles so zu lassen, wie es ist: „Wir sollten uns an den aktuellen Entwicklungen orientieren und auch mal Vorreiter sein“, plädierte er an die Stadtverordneten.

Bewährtes erhalten, nicht an allem festhalten – das wünschte sich auch Ehrenbürgermeister Roland Esch von seinem Nachfolger. Als „Zeichen des Zusammengehens“ hatte er Schwarz nach dessen Vereidigung die Bürgermeisterkette umgehängt: „Du wirst sehen, dass wir hinter Dir stehen. Du wirst viel Unterstützung von den Bürgern, den Mitarbeitern der Verwaltung und Deinen Amtskollegen erfahren.“ In Schwarz sehe er einen würdigen Nachfolger, der aufgrund seines Alters in der Lage sei, „23 Jahre zu toppen“. Er solle das Ruder mit Kraft, Kreativität und Freude in die Hand nehmen. Sein Amt bedeute eine besondere Verpflichtung, „denn die Bürger haben Dir mit ihrer Stimme einen großen Vertrauensvorschuss geschenkt“.

Seinen neuen Stellvertreter werde er so auslasten, dass er künftig keine Zeit mehr für Aßlar habe, scherzte Landrat Wolfgang Schuster (SPD) im Anschluss an Eschs Grußwort. Er wünsche dem neuen Bürgermeister eine „glückliche Hand in einer Zeit, in der der Schnelle den Langsamen frisst“ und biete ihm dabei stets seine Unterstützung an.

„Höre gut zu und sei den Bürgern nah“, forderte der Landtagsabgeordnete Frank Steinraths (CDU) Schwarz auf. Für ihn beginne ein neuer Lebensabschnitt in einer guten Verwaltung, die es ordentlich zu führen gelte.

Steinraths Worten schloss sich der Fraktionsvorsitzende der FWG, Michael Clemens, an: „Wir werden Dich dabei unterstützen, einen ehrlichen Dialog über die Parteigrenzen hinaus zu führen“, sagte er. Schwarz’ Neugier auf Menschen und seine Begeisterungsfähigkeit hätten ihn begeistert. Diese Gaben solle er für Aßlars Zukunft nutzen, damit die Stadt „bleibt, was sie ist: lebens- und liebenswert“.

Weniger beeindruckt gab sich die SPD-Vorsitzende Cirsten Kunz: „Zugegeben, wir hätten uns einen anderen Bürgermeister gewünscht“, äußerte sie mit Blick auf die Stichwahl, in der Sozialdemokrat Markus Keiner weit hinter Schwarz zurückgeblieben war. Dennoch lebe sie in der Hoffnung auf „Veränderungen im Hause. Ein Neustart täte uns gut. Wir wollen kein ,Weiter so‘“.

Jürgen Lenzen (CDU) verdeutlichte dem Rathauschef, dass er nun keine Möglichkeit mehr habe, eine Fluchttür zu nehmen. Er wünschte ihm „zündende Ideen, Schaffenskraft und eine bomben Gesundheit“ und werde alles dafür tun, dass es Schwarz nicht langweilig wird.

Oliver Menz (Grüne) zollte dem Bürgermeister Respekt für seine Antrittsrede, in der er sich wiedergefunden habe. Schwarz‘ offene Hand nehme er gerne an und vertraue darauf, dass viele Beschlüsse zeitnah umgesetzt würden.

Ehringshausens Bürgermeister Jürgen Mock (SPD) versicherte seinem neuen Amtskollegen: „Wenn es Dir gelingt, einen Ausgleich verschiedener Interessen hinzubekommen und ein offenes Ohr für die Menschen zu haben, dann wird Dir das Amt Spaß machen.“ Und Bernd Rüdiger forderte Schwarz als Vertreter aller Partnerstädte auf: „Führe Dein Amt gut aus, und denke auch an uns. Du trittst in große Fußstapfen.“

Für alle Ortsvereine sprach Bruno Muskat und bezog sich auf die gelungene Zusammenarbeit mit Roland Esch. Er hoffe, dass auch künftig „im Miteinander der Schlüssel des gemeinsamen Erfolges“ liege. Schwarz könne „den Wind nicht ändern, aber die Segel richtig setzen“ und so dafür sorgen, dass die Stadt „keinen Schiffbruch“ erleide. Dazu wünschte ihm auch Pfarrer Martin Reibis den nötigen Weitblick und ein besonderes Geschick im Umgang mit Menschen.

Schließlich lag es an Polizeipräsident Bernd Paul, die passenden Worte für seinen scheidenden Kollegen zu finden: „Du hast gute Arbeit für die Polizei geleistet und schnell Karriere gemacht“, sagte er. Zuletzt sei Schwarz im Kommissariat 11, der „Krone der Ermittlungstätigkeit“, unterwegs gewesen und habe dort vor allem Tötungsdelikte behandelt. „Du kannst mit Menschen umgehen, warst immer ruhig und sachlich. Insofern wird Dir Deine Ausbildung und Arbeit als Polizeibeamter auch dabei helfen, Aßlars Bürgermeister zu sein.“

Musikalisch umrahmt wurde der Abend vom Saxophonensemble des TV Werdorf.

Quelle: Wetzlarer Neue Zeitung, 29.08.2019